psychedelic integration

hintergrund

es gibt pflanzen oder chemikalien, welche eine psychoaktive wirkung haben, also die alltägliche art und weise, wie wir uns und unsere umwelt wahrnehmen, verändern (oft psychedelika genannt). manche bezeichnen das auch als tiefentrance. in den meisten alten kulturen wurden diese in rituellem rahmen zur heilung eingesetzt. in den 1970er und 1980er jahren wurden fast alle diese substanzen und mithin auch die wissenschaftliche erforschung ihrer wirkung in den meisten ländern verboten. der gebrauch endete damit nicht, sondern setzte sich im untergrund fort. die forschung hingegen kam zu einem stillstand.

 

psychedelische renaissance

seit 2010 nehmen in nordamerika und europa wissenschaftliche publikationen zur erforschung dieser substanzen exponentiell zu. inzwischen erreicht die welle den mainstream und es gibt bereits bestseller zu diesem thema. damit verbunden ist ein zunehmendes angebot von immer noch illegalen gruppensitzungen, in denen diese mittel eingesetzt werden. einen besonderen boom erlebt dabei ayahuasca, die schamanen-medizin des amazonasgebietes.

 

mangelnde begleitung

sowohl in gruppensitzungen als auch im selbstversuch oder bei der verwendung im freundeskreis kann es dabei zu überwältigenden erfahrungen kommen, die mit todesangst oder dem gefühl verbunden sein können, wahnsinnig zu werden. allen kulturen, in denen der gebrauch dieser substanzen bestandteil war, war und ist sowohl das potential als auch die herausforderungen dieser substanzen klar. der gebrauch war immer rituell eingebunden und durch menschen begleitet, die im umgang damit geschult und erfahren waren. in unserer kultur, deren einziger umgang das strikte verbot ist, ist dieser rituelle kontext oder eine schulung im umgang mit diesen dingen entweder verloren gegangen, verboten oder er konnte mit der entdeckung neuer substanzen erst gar nicht entstehen oder sich entwickeln. manche vergleichen das auch mit dem autofahren ohne führerschein.

im privaten eigengebrauch und leider oft auch in den angebotenen gruppen, die oft als schamanisch bezeichnet werden, fehlt oft dieses element, welches unabdingbare voraussetznug für einen heilsamen umgang mit diesen substanzen darstellt. denn auch erfahrungen, die bedrohlich erscheinen oder einen an den rand des fassbaren bringen, haben ein enormes heilungspotential, wenn eine fürsorgliche begleitung da ist, die dabei unterstützt, durch eine erfahrung hindurch zu kommen und sie zu verstehen und im persönlichen leben einordnen zu können. diese substanzen werden inzwischen auch im therapeutischen rahmen eingesetzt. fehlt es an guter begleitung und integration, erlebt man das, was viele als 'bad trip' bezeichnen.

 

warum integration

es kommt vor, dass menschen nach solch einer erfahrung über tage oder wochen völlig verstört sind, die welt und ihr leben nicht mehr verstehen und nicht mehr wissen, wie sie funktionieren sollen. all das ist nicht eine folge der substanz-erfahrung selbst, sondern des umgebungs und der umstände, in denen man sie macht (setting). 

es hat in ganz seltenen fällen mit überhöhter dosis oder einem unzulässigen mischgebrauch zu tun, meist hingegen mit der intendierten, aber nicht verstandenen absicht, nämlich, dass wir zustände erreichen (wollen), die wir so bewusst noch nie erlebt haben – und die uns daher schrecken oder in panik versetzen, weil wir meinen, wir würden unsere identität, unser ich oder unser selbst verlieren.

für solche menschen ist es hilfreich und oft dringend nötig, dass sie im nachhinein mit erfahrenen und geschulten menschen das erlebnis so verarbeiten können, dass es in ihrer lebenswirklichkeit und in ihrem selbstbild einen platz bekommt, der ihnen ein leben mit sich, der gesellschaft und der umwelt ermöglicht, dass das heilungspotentiel erkannt wird und die damit verbundenen und manchmal tiefgreifenden einsichten im alltag umgesetzt werden können. das bezeichnet man als integration einer psychedelischen erfahrung.

mit einer metapher könnte man sagen: die psychedelische erfahrung kann dazu führen, dass etwas in lauter teile zersplittert (desintegration). die nachbetreuung (besser noch eine gute begleitung während der erfahrung) bedeutet dann, dass die teile wieder zu einem ganzen zusammen gesetzt werden. wachstum ist möglich, wenn die teile nicht mehr ganz gleich zusammen gesetzt werden, sondern sich das bild – vielleicht auch nur leicht – verändern darf.

psychedelische integration ist jedoch nicht nur angezeigt, wenn menschen nach einer substanzerfahrung nicht mehr mit sich klar kommen. es gibt auch fälle, in denen jemand, ohne dass sein funktionieren beeinträchtigt ist, eine erfahrung macht, die er überhaupt nicht versteht. manchmal wird eine solche erfahrung dann abgehakt: dieses mal war es nur nonsens oder sinnlos. bei näherem hinschauen mit geschulter begleitung kann es jedoch möglich sein, dass man einen sinn oder eine tiefere botschaft darin erkennt. vielleicht ist das zu vergleichen mit einem traum: manche träume verstehen wir nicht. und manchmal, wenn wir mit jemandem sprechen, der sich auf traumdeutung versteht, wird dann doch klar, was der traum uns sagen will.

 

was bedeutet integration konkret?

aufgrund meiner inzwischen über 30-jährigen erfahrung im therapeutischen umgang mit tiefen trancezuständen unterstütze ich die psychedelische integration mit gesprächen, körperarbeit, naturarbeit, ritualen, musik und eventuell leichterer trancearbeit.

für psychedelische integration braucht es nicht nur techniken, sondern vor allem die möglichkeit, kontexte zu erweitern und immer wieder zu erweitern. so macht manchmal eine substanzerfahrung auf allen ebenen, die ein anwender bislang kennt, keinerlei sinn, sondern erst auf einer völlig anderen ebene, von der er gar nicht wusste, dass es sie gibt. das habe ich schon sehr häufig erlebt. sehr grob vereinfacht können solche ebenen sein:

• biographische ebene: persönliche erlebnisse, oft aus der kindheit.
• kollektive ebene: mein platz in der näheren gemeinschaft, der gesellschaft, der nation, der gesamten gattung mensch
• familiensystemische ebene: die wechselwirkungen zwischen verschiedenen familienmitgliedern, hier besteht ein übergang zum folgenden punkt.

spätestens ab hier erreichen wir transpersonale ebenen:

• reich der toten, vor allem, aber nicht nur familienmitglieder
• reinkarnationsebene: erfahrung früherer leben
• erfahrung von dingen in ihrer wesenhaftigkeit, als lebendiges etwas (einen baum, einen planeten, etc.)
• erfahrung von irdischen oder nichtirdischen wesen, die keinen körper haben und auch nie hatten (geistführer, geisthelfer, engel, aber auch die weniger wohlwollenden)
• erfahrung von archetypen
• erfahrung von gottheiten
• erfahrung komplett anderer welten
• erfahrung des göttlichen

man muss mit diesen möglichen ebenen zumindest rudimentär vertraut sein, um jemandem bei der nachbetreuung und integration zu unterstützen, sonst kann man vielleicht die erfahrung des betroffenen weder verstehen noch erfassen. gelingt das nicht, kann sich der betroffene unverstanden fühlen und seine isolation und desintegration vergrössert sich.